Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Hsu,
die Beantwortung der Anfrage von Frau LIN (Anlage) basierte auf den von ihr gemachten Angaben. Nachfolgend finden Sie einige Ausführungen zu den gesetzlichen Regelungen, die bei der Beantwort der Anfrage zu berücksichtigen waren:
Gemäß § 4 Absatz 1 AufenthG benötigen Drittstaatsangehörigen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der EU oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist. Als Aufenthaltstitel gelten das Visum (Schengenvisum), die Aufenthaltserlaubnis, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG.
Hinsichtlich des europäischen Rechts sind zunächst die Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (EUVisa-VO) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens zu berücksichtigen.
Die EUVisa-VO bestimmt, welche Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenze im Besitz eines Visums sein müssen (Anhang I dieser Verordnung) und welche hiervon befreit sind (Anhang II dieser Verordnung). Mit Verordnung 1211/2010/EG wurde die EUVisa-VO zum 11.01.2011 geändert und Taiwan im Anhang II aufgenommen. Die Befreiung gilt jedoch explizit nur für Inhaber von durch Taiwan ausgestellten Reisepässen, die eine Personalausweisnummer enthalten. Ein Muster dieser Pässe habe ich Frau LIN in meiner Antwort beigefügt. Ein visumsfreier Aufenthalt von bis zu drei Monaten innerhalb einer Frist von sechs Monaten im Gebiet der Schengener Vertragsstaten ist gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) nur dann möglich, wenn die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 (Schengener Grenzkodex) erfüllt werden. Bei Drittstaatsangehörigen, die von der Visumspflicht befreit sind, ist der Buchstabe "b" nicht zu prüfen.
Beide Regelungen sind nur bei der Einreise in das Gebiet der Schengener Vertragsstaaten über die Außengrenze bei einem beabsichtigten Kurzaufenthalt anwendbar. Da sich Frau LIN bereits mit einem Aufenthaltstitel längerfristig in Polen aufhält und darüber hinaus über eine Binnengrenze zwecks Ausreise über Frankfurt/Main in das Bundesgebiet einreise möchte, finden diese Regelungen keine Anwendung.
Darüber hinaus sieht das Schengerecht vor, dass Drittstaatsangehörige, die Inhaber eines gültigen, von einem anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen. Diese Reiserecht kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Aufenthaltstitel ausgestellt worden ist. Welche Aufenthaltstitel zur Inanspruchnahme des Reiserechts berechtigen (sollen) werden durch die Mitgliedsstaaten der Kommission mitgeteilt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In diesem Zusammenhang spricht man von sog. "notifizierten" Aufenthaltstiteln. Art. 21 SDÜ erlaubt damit auch, von einem Mitgliedsstaat in einen anderen zu reisen und sich darin bis zu drei Monate aufzuhalten.
Anhand der Anfrage von Frau LIN ist davon auszugehen, dass sie lediglich ein Schreiben der polnischen Behörden hat, aus dem hervorgeht, dass ihr Aufenthaltstitel verlängert wird. Eine solche Mitteilung ist kein Aufenthaltstitel im Sinne des Schengenrechts. Um jegliche Zweifel auszuräumen, bitte ich um Übersendung des "Schreibens" der polnischen Behörden.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Gregor Lyko
Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt/Main
Sachbereich 14 - Gefahrenabwehr
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Tel.: 069 / 3400 - 4147
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