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德國女作家獲2009年諾貝爾文學獎演說詞

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發表於 2009-12-10 21:01:43 | 顯示全部樓層 |閱讀模式
http://www.epochtimes.com/b5/9/12/10/n2749842.htm


2009年諾貝爾文學獎得主德國女作家赫塔‧米勒(Herta Müller)善於通過文學作品向世人展示她的成長環境與後來在異國他鄉的生活經歷,她用筆凝練、率直,感情色彩豐富。她在獲獎演說詞中,以簡單的意象《手帕》為主題,回顧了兒時的幸福以及成年後的辛酸與無奈,最後感悟出應該用寬容的目光、細膩的心靈去體會生命中的每一個細節。以下為赫塔‧米勒演說內容。

一個詞的循環

小時候,每天早上媽媽都站在家門口送我出去,她會問一句:「你帶手帕了嗎?」我沒有帶手帕,所以要回到屋裡拿塊手帕。我從來不主動拿手帕,是因為我在等媽媽問我。手帕就是媽媽在早上疼惜愛護我的證據。離開媽媽後,一整天我只能靠自己了。「你帶手帕了嗎?」這個問題是母愛的間接表現。如果再直接些,就會讓人難堪,也絕不是老百姓的作為。話語的唐突甚至強化了溫柔。每天早上,我都是不帶手帕走到門口,然後回去拿一塊。只有拿到手帕我才會上街,好像帶著手帕就意味著媽媽陪在我身邊。

二十年後,我一直一個人在城市裡一家工廠做翻譯。我早上五點鐘起床,六點半上班。每天早上,喇叭就對著工廠的院子播放國歌,到午飯時就換成工人的合唱。但是,工人們只是默默坐著吃飯,目光空虛淡然,雙手抹滿了油。他們的食物都裹在報紙裡,要吃一口豬板油就必須把上面粘著的報紙刮掉。整整兩年就按照這樣的定式日復一日地度過。到第三年時,這樣的生活結束了。一位訪客一星期內三次大清早來到我的辦公室:一個藍眼睛、大塊頭男人,就像保安部隊的巨人。

第一次,他站那兒,罵了我,然後離開。第二次,他脫下風衣,掛到櫥櫃的鑰匙上,坐下來。那天,我從家裏帶了些鬱金香,插到花瓶裡去。那個男人看著我,誇獎我目光敏銳。他的聲音圓潤,但我有些不安。我謝絕他的誇獎,告訴他我理解鬱金香卻不理解人。他懷有敵意地回答說,他理解我強過我理解鬱金香。然後,他把風衣搭到胳膊上走了。

第三次,他坐著,我卻站著,因為他把公文包放到了我的椅子上。我不敢把他的公文包拿到地板上。他說我傻,愛開小差,懶惰,像街上的妓女一樣腐化。他把鬱金香推到桌子邊上,拿出一張空紙放到桌子中間,對我吼道:「寫。」我沒有坐下,只寫下他要求的內容:我的名字、出生日期地點。再接下來的,我不敢告訴任何人,哪怕是我的親人和密友。他說我,那個可怕的詞,「合作」----「我在通敵」。我停下來,放下筆,走到窗戶邊,向外看塵埃飛揚的街道。街道上沒有鋪石磚,到處坑坑窪窪,我也看到歪歪扭扭的房子。另外,這條街叫Strada Gloriei,意思是光榮街。光榮街邊上,一隻貓坐在光禿禿的桑樹上,是工廠一隻少個耳朵的貓。貓的上方,早晨的太陽正在照耀,像一面黃黃的鼓。我說:「N-am caracterul……我沒有這種品性。」我對著外頭的街道說。「品性」一詞讓那個男人歇斯底里起來。他把紙撕碎,把碎片扔到地板上。也許他意識到,需要把紙片給他的老闆看,所以,他彎腰撿起碎片,放到公文包裡。之後,他深歎一口氣,好像自己被挫敗了,他把花瓶和鬱金香扔到牆上。花瓶碎裂,發出刺耳的聲響,似乎空氣也有牙齒。他夾著公文包,靜靜地說:「你會後悔的,我們會把你扔到河裡淹死。」我似乎在自語:「如果我簽了字,就再不是我自己了,我必須得自己應付。所以,還是由你來比較好。」這時,他早就打開辦公室的門走了。外面的光榮街上,那只貓已經從樹上跳到房頂上,一根樹枝彈跳著,就像蹦床一樣。

第二天,拉鋸戰就開始了。他們想開除我。每天早上六點半,我必須向主任報到,工會主席和黨書記都在。就像媽媽曾經問我「你帶手帕了嗎?」一樣,主任天天早上問我:「你找到其它工作了嗎?」每天我的答案都一樣:「我沒找,我喜歡在這兒工作,我想留在這裡,直到退休。」

一天早上,我來工作,發現我的厚字典被扔在辦公室外邊大堂的地板上。我打開門,一個工程師坐在我辦工桌旁邊。他告訴我:「進來前要敲門,這是我的地方,你和這裡不相干了。」我不能回家,無故曠工只能給他們理由解僱我。我沒有辦公室,所以更要保證來工作,無論如何都要來。

我的朋友陪我沿著光榮街走回家,我告訴她我的遭遇,她把自己的桌子整理出一個角落給我用。但後來有一天,她站在辦公室外頭,對我說:「我不能讓你進去,大家都說你在告密。」對我的折磨就這樣延續下來,流言蜚語也在我的同事中傳開。真是糟糕透了。你可以自衛反抗別人的攻擊,然而對誹謗卻無能為力。每天我都準備好迎接最壞的事情,包括死亡。但是我受不了這樣的背信棄義,無論怎麼準備,我都受不了。誹謗使人變得骯髒,你無法自衛,簡直要窒息。在我同事的眼裡,我正是那種我不願成為的人。如果我監視他們,他們也許會毫不猶豫地信任我。本質上,他們是在懲罰我,因為我饒過了他們。

因為我必須保證來上班,但是沒有辦公室,朋友也不讓我用她的,我就在樓梯間站著,不知道該做什麼。我沿著樓梯爬上爬下幾分鐘,突然間我好像又變成媽媽的孩子了,因為我「有手帕」。我把手帕放到樓梯第二和第三階之間,把手帕捋順,坐下來。我把厚字典放到膝蓋上,翻譯水壓機的說明書。我是樓梯的才子,而我的辦公室是手帕。午飯時,我的朋友就來找我。我們一起吃飯,就像以前在她辦公室一樣,也像更早的時候在我辦公室一樣。院子裡,喇叭放著工人的合唱曲,總是歌頌人們的幸福生活。朋友一邊吃飯,一邊為了我哀歎。我沒有哭。我必須堅強。很長時間了,都是這樣,度過漫無止盡的那幾個星期,直到最後我被解僱。

小時候,家裏有個裝手帕的抽屜,裡面分成兩排,每排三摞:

左邊是爸爸、爺爺的手帕。
右邊是媽媽、奶奶的手帕。
中間是我的手帕。

這個抽屜用手帕的擺放展示了我們的家族。男人的手帕是最大的,邊緣有暗色的條紋,如褐色、灰色或棗紅色。女人的手帕小巧些,邊緣是淡藍、紅色或綠色。孩子的手帕是最小的,沒有縫邊,上面白色的格子裡畫著鮮花和動物。三種手帕分為日常用的,放在前面,星期天專用的,放在後面。星期天,手帕必須和衣服的顏色相配。

房子裡沒有其它東西比手帕更重要,它甚至比我們自己都重要。其應用是普遍性的:抽鼻子,鼻出血,手、胳膊或膝蓋受傷,哭泣,或咬著手帕克制哭聲。頭疼時把涼爽的手帕搭在前額。把手帕四角繫起來來擋雨或擋太陽。如果必須要記住什麼時,就繫個扣來幫助記憶。搬重東西時,把手帕纏在手上。當火車出發離開車站時,你揮舞手帕說再見。我們巴納特方言中,「淚」字的發音就像羅馬尼亞語中的「火車」,鐵路車所發出的咯吱聲在我聽來就像哭泣。村子裡,如果有人在家裏死了,大家很快就把一塊手帕圍住他的下巴,這樣屍體僵硬時嘴會保持閉合。城市裡,如果有人死在路邊,過路者也會用手帕蓋住他的臉,這樣手帕就成了死者第一個平靜的地方。

一天清早,我剛從羅馬尼亞移民過來,一位鄉村警察就來找我媽媽。她已經在門口等了,但她突然想起:「你帶手帕了嗎?」她沒帶。雖然警察很不耐煩,她還是回去拿了塊手帕。到車站,警察大發雷霆。媽媽的羅馬尼亞語不好,所以聽不懂警察在喊什麼。他離開辦公室,把門鎖上。就這樣,媽媽被鎖了一整天。開始幾個鐘頭,她坐在警察辦公桌上哭。然後,她來回踱步,用沾滿淚水的手帕擦傢俱。完了她提來角落裡的一桶水,從牆上的鉤子上取下毛巾,並拖了地板。她給我講這些時,我嚇了一跳。「你怎麼能那樣為他打掃辦公室?」我問道。媽媽沒有覺得不好意思,回答說:「我在找點事做消磨時間。辦公室那麼髒。我真幸運,拿了一塊男人用的大手帕。」

只有在這個時候,我才通過這點額外而自願的羞辱明白,她在拘留期間為自己創造了尊嚴。真希望我能為那些被專制剝奪了尊嚴的人說句話,包括現在,也許是一句含有「手帕」一詞的句子。或者問:「你帶手帕了嗎?」是不是關於手帕的那個問題根本不是在問手帕,而是表達人那種強烈的孤獨感?


2009年諾貝爾文學獎得主德國女作家赫塔‧米勒 (Herta Müller)
Herta Müller während ihrer Nobelpreisrede am Montag in Stockholm

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 樓主| 發表於 2009-12-10 21:06:19 | 顯示全部樓層
Herta Müllers Nobelvorlesung
„Jedes Wort weiß etwas vom Teufelskreis“

Von Herta Müller

HAST DU EIN TASCHENTUCH, fragte die Mutter jeden Morgen am Haustor, bevor ich auf die Straße ging. Ich hatte keines. Und weil ich keines hatte, ging ich noch mal ins Zimmer zurück und nahm mir ein Taschentuch. Ich hatte jeden Morgen keines, weil ich jeden Morgen auf die Frage wartete. Das Taschentuch war der Beweis, daß die Mutter mich am Morgen behütet. In den späteren Stunden und Dingen des Tages war ich auf mich selbst gestellt. Die Frage HAST DU EIN TASCHENTUCH war eine indirekte Zärtlichkeit. Eine direkte wäre peinlich gewesen, so etwas gab es bei den Bauern nicht. Die Liebe hat sich als Frage verkleidet. Nur so ließ sie sich ließ sich trocken sagen, im Befehlston wie die Handgriffe der Arbeit. Daß die Stimme schroff war, unterstrich sogar die Zärtlichkeit. Jeden Morgen war ich ein Mal ohne Taschentuch am Tor und ein zweites Mal mit einem Taschentuch. Erst dann ging ich auf die Straße, als wäre mit dem Taschentuch auch die Mutter dabei.

Und zwanzig Jahre später war ich längst für mich allein in der Stadt, Übersetzerin in einer Maschinenbau-Fabrik. Fünf Uhr morgens stand ich auf, halb sieben Uhr fing die Arbeit an. Morgens schallte aus dem Lautsprecher die Hymne über den Fabrikhof. In der Mittagspause die Arbeiterchöre. Aber die Arbeiter, die beim Essen saßen, hatten leere Augen wie Weißblech, ölverschmierte Hände, ihr Essen war in Zeitungspapier gewickelt. Bevor sie ihr Stückchen Speck aßen, kratzten sie mit dem Messer die Druckerschwärze von ihrem Speck. Zwei Jahre vergingen im Trott der Alltäglichkeit, ein Tag glich dem anderen.

Im dritten Jahr war es mit der Gleichheit der Tage vorbei. Innerhalb einer Woche kam dreimal frühmorgens ein riesengroßer dickknochiger Mann mit funkelnd blauen Augen, ein Koloß vom Geheimdienst in mein Büro.
Das erste Mal beschimpfte er mich im Stehen und ging.

Das zweite Mal zog er seine Windjacke aus, hängte sie an den Schrankschlüssel und setzte sich. Ich hatte an diesem Morgen von zu Hause Tulpen mitgebracht und arrangierte sie in der Vase. Er schaute mir zu und lobte mich für meine ungewöhnliche Menschenkenntnis. Seine Stimme war glitschig. Es war mir nicht geheuer. Ich bestritt das Lob und versicherte, daß ich mich in Tulpen auskenne, aber nicht in Menschen. Da sagte er maliziös, daß er mich besser kenne, als ich die Tulpen. Dann hängte er sich die Windjacke auf den Arm und ging.

Das dritte Mal setzte er sich und ich blieb stehen, denn er hatte seine Aktentasche auf meinen Stuhl gelegt. Ich wagte es nicht, sie auf den Boden zu stellen. Er beschimpfte mich als stockdumm, arbeitsfaul, als Flittchen, so verdorben wie eine streunende Hündin. Die Tulpen schob er knapp an den Tischrand, auf die Tischmitte legte er ein leeres Blatt Papier und einen Stift. Er brüllte: Schreiben. Ich schrieb im Stehen, was er mir diktierte - meinen Namen mit Geburtsdatum und Adresse. Dann aber, daß ich unabhängig von Nähe oder Verwandtschaft niemandem sage, daß ich ... jetzt kam das schreckliche Wort: colaborez, daß ich kollaboriere. Dieses Wort schrieb ich nicht mehr. Ich legte den Stift hin und ging zum Fenster, sah auf die staubige Straße hinaus. Sie war nicht asphaltiert, Schlaglöcher und bucklige Häuser. Diese ruinierte Gasse hieß auch noch Strada Gloriei, Straße des Ruhms. Auf der Straße des Ruhms saß eine Katze im nackten Maulbeerbaum. Es war die Fabrikskatze mit dem zerrissenen Ohr. Über ihr eine frühe Sonne wie eine gelbe Trommel. Ich sagte: N-am caracterul, ich hab nicht diesen Charakter. Ich sagte es der Straße draußen. Das Wort CHARAKTER machte den Geheimdienstmann hysterisch. Er zerriß das Blatt und warf die Schnipsel auf den Boden. Wahrscheinlich fiel ihm ein, daß er seinem Chef den Anwerbungsversuch präsentieren muß, denn er bückte sich, sammelte alle Fetzen in die Hand und warf sie in seine Aktentasche. Dann seufzte er tief und warf in seiner Niederlage die Blumenvase mit den Tulpen an die Wand. Sie zerschellte und es knirschte, als wären Zähne in der Luft. Mit der Aktentasche unterm Arm sagte er leis: Dir wird es noch leidtun, wir ersäufen dich im Fluß. Ich sagte wie zu mir selbst: Wenn ich das unterschreibe, kann ich nicht mehr mit mir leben, dann muß ich es selber tun. Besser Sie machen es. Da stand hier die Bürotür schon offen und er war weg. Und draußen auf der Strada Gloriei war die Fabrikskatze vom Baum aufs Hausdach gesprungen. Ein Ast federte wie ein Trampolin.

Am nächsten Tag fing das Gezerre an. Ich sollte aus der Fabrik verschwinden. Jeden Morgen halb sieben mußte ich mich beim Direktor präsentieren. Mit ihm saßen jeden Morgen der Chef der Gewerkschaft und der Parteisekretär. Wie seinerzeit die Mutter fragte: Hast du ein Taschentuch, fragte jetzt der Direktor jeden Morgen: Hast du eine andere Arbeit gefunden. Ich antwortete jedes Mal dasselbe: Ich suche keine, mir gefällt es hier in der Fabrik, ich möchte bis zur Rente bleiben.

Eines Morgens kam ich zur Arbeit und meine dicken Wörterbücher lagen im Gang auf dem Boden neben der Bürotür. Ich öffnete, an meinem Schreibtisch saß ein Ingenieur. Er sagte: Hier klopft man an, wenn man hereinkommt. Hier sitze ich, du hast hier nichts zu suchen. Nach Hause gehen konnte ich nicht, sonst hätte man einen Vorwand gehabt, mich wegen unentschuldigtem Fehlen entlassen können. Ich hatte kein Büro, mußte jetzt erst recht jeden Tag normal zur Arbeit kommen, durfte auf keinen Fall fehlen.

Meine Freundin, der ich jeden Tag auf dem Heimweg durch die elendige Strada Gloriei alles erzählte, machte mir die erste Zeit eine Ecke an ihrem Schreibtisch frei. Doch eines Morgens stand sie vor der Bürotür und sagte: Ich darf dich nicht hereinlassen. Alle sagen, du bist ein Spitzel. Die Schikanen wurden nach unten gereicht, das Gerücht unter den Kollegen in Umlauf gesetzt. Das war das Schlimmste. Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Verleumdung ist man machtlos. Ich rechnete jeden Tag mit allem, auch mit dem Tod. Aber mit dieser Perfidie wurde ich nicht fertig. Keine Rechnung machte sie erträglich. Verleumdung stopft einen aus mit Dreck, man erstickt, weil man sich nicht wehren kann. In der Meinung der Kollegen war ich genau das, was ich verweigert hatte. Wenn ich sie bespitzelt hätte, hätten sie mir ahnungslos vertraut. Im Grunde bestraften sie mich, weil ich sie schonte.

Da ich jetzt erst recht nicht fehlen durfte, aber kein Büro hatte, und meine Freundin mich in ihres nicht mehr lassen durfte, stand ich unschlüssig im Treppenhaus. Ich ging die Treppen ein paarmal auf und ab - plötzlich war ich wieder das Kind meiner Mutter, denn ICH HATTE EIN TASCHENTUCH. Ich legte es zwischen der ersten und zweiten Etage auf eine Treppenstufe, strich es glatt, daß es ordentlich liegt, und setzte mich drauf. Meine dicken Wörterbücher legte ich aufs Knie und übersetzte die Beschreibungen von hydraulischen Maschinen. Ich war ein Treppenwitz und mein Büro ein Taschentuch. Meine Freundin setzte sich in den Mittagspausen auf die Treppe zu mir. Wir aßen zusammen wie früher in ihrem und noch früher in meinem Büro. Aus dem Hoflautsprecher sangen wie immer die Arbeiterchöre vom Glück des Volkes. Sie aß und weinte um mich. Ich nicht. Ich mußte hart bleiben. Noch lange. Ein paar ewige Wochen, bis ich entlassen wurde.

In der Zeit, als ich ein Treppenwitz war, habe ich im Lexikon nachgeblättert, was es mit dem Wort TREPPE auf sich hat: Die erste Stufe der Treppe heißt ANTRITT, die letzte Stufe AUSTRITT. Die waagerechten Stufen zum Drauftreten sind seitlich in die TREPPENWANGEN eingepasst. Und die Freiräume zwischen den einzelnen Stufen heißen sogar TREPPENAUGEN. Von den Bauteilen der hydraulischen, ölverschmierten Maschinen kannte ich die schönen Wörter: SCHWALBENSCHWANZ, SCHWANENHALS, der Halt der Schrauben hieß SCHRAUBENMUTTER. Und genauso verblüfften mich die poetischen Namen der Treppenteile, die Schönheit der technischen Sprache. TREPPENWANGEN, TREPPENAUGEN - also hat die Treppe ein Gesicht. Ob aus Holz oder Stein, Beton oder Eisen - wieso bauen die Menschen selbst in die sperrigsten Dinge der Welt ihr eigenes Antlitz hinein, geben totem Material die Namen vom eigenen Fleisch, personifizieren es zu Körperteilen. Wird den Spezialisten der Technik die schroffe Arbeit erst erträglich durch versteckte Zärtlichkeit. Läuft jede Arbeit, in jedem Beruf, nach demselben Prinzip wie die Frage meiner Mutter nach dem Taschentuch.

Es gab zu Hause in meiner Kindheit eine Taschentuchschublade. Darin lagen in zwei Reihen hintereinander je drei Stapel:
Links die Männertaschentücher für den Vater und Großvater.
Rechts die Frauentaschentücher für die Mutter und Großmutter.
In der Mitte die Kindertaschentücher für mich.
Die Schublade war unser Familienbild im Taschentuchformat. Die Männertaschentücher waren die größten, hatten dunkle Randstreifen in Braun, Grau oder Bordeaux. Die Frauentaschentücher waren kleiner, ihre Ränder hellblau, rot oder grün. Die Kindertaschentücher waren die kleinsten, ohne Rand, aber im weißen Viereck mit Blumen oder Tieren bemalt. Von allen drei Taschentuchsorten gab es Werktagstaschentücher, in der vorderen Reihe, und Sonntagstaschentücher, in der hinteren Reihe. Sonntags mußte das Taschentuch, auch wenn man es nicht sah, zur Farbe der Kleider passen.
 樓主| 發表於 2009-12-10 21:07:09 | 顯示全部樓層
Kein anderer Gegenstand im Haus, nicht einmal wir selber, waren uns jemals so wichtig wie das Taschentuch. Es war universell nutzbar für: Schnupfen, Nasebluten, verletzte Hand, Ellbogen oder Knie, Weinen oder Draufbeißen und das Weinen unterdrücken. Ein nasses, kaltes Taschentuch auf der Stirn war gegen Kopfweh. Mit vier Knoten an den Ecken war es eine Kopfbedeckung gegen Sonnenbrand oder Regen. Wenn man sich etwas merken wollte, machte man sich einen Knoten als Gedächtnisstütze ins Taschentuch. Zum Tragen schwerer Taschen wickelte man es um die Hand. Flatternd wurde es ein Abschiedswinken, wenn der Zug aus dem Bahnhof fuhr. Und weil der Zug auf Rumänisch TREN und die Träne im Banater Dialekt TRÄN heißt, glich das Quietschen der Züge auf den Schienen in meinem Kopf immer dem Weinen. Wenn im Dorf einer zu Hause starb, band man ihm sofort ums Kinn herum ein Taschentuch, damit der Mund geschlossen bleibt, wenn die Leichenstarre fertig ist. Wenn am Wegrand in der Stadt einer umfiel, fand sich immer ein Passant, der dem Toten das Gesicht zudeckte mit seinem Taschentuch - so war das Taschentuch seine erste Totenruhe.

An heißen Sommertagen schickten die Eltern ihre Kinder spätabends auf den Friedhof Blumen gießen. Zu zweit oder zu dritt, man blieb von einem Grab zum anderen beisammen, goss schnell. Dann setzten wir uns eng aneinander auf die Treppen der Kapelle und schauten, wie aus manchen Gräbern weiße Dunstfetzen stiegen. Sie flogen ein bißchen in der schwarzen Luft und verschwanden. Für uns waren es die Seelen der Toten: Tiergestalten, Brillen, Fläschchen und Tassen, Handschuhe und Strümpfe. Und dazwischen hie und da ein weißes Taschentuch mit dem schwarzen Rand der Nacht.

Später, als ich mit Oskar Pastior Gespräche führte, um über seine Deportation ins sowjetische Arbeitslager zu schreiben, erzählte er, daß er von einer alten russischen Mutter ein Taschentuch aus weißem Batist bekommen hat. Vielleicht habt ihr Glück du und mein Sohn, und dürft bald nach Hause, sagte die Russin. Ihr Sohn war so alt wie Oskar Pastior und von zu Hause so weit weg wie er, in der anderen Richtung, sagte sie, in einem Strafbataillon. Als halbverhungerter Bettler hat Oskar Pastior an ihre Tür geklopft, wollte einen Brocken Kohle für ein bißchen Essen tauschen. Sie ließ ihn ins Haus, gab ihm heiße Suppe. Und als seine Nase in den Teller tropfte - das weiße Taschentuch aus Batist, das noch nie jemand benutzt hatte. Mit einem Ajour-Rand, akkurat genähten Stäbchen und Rosetten aus Seidenzwirn war das Taschentuch eine Schönheit, die den Bettler umarmte und verletzte. Eine Mixtur, einerseits Trost aus Batist, andererseits ein Meßband mit Seidenstäbchen, den weißen Strichlein auf der Skala seiner Verwahrlosung. Oskar Pastior selbst war eine Mixtur für diese Frau: weltfremder Bettler im Haus und verlorenes Kind in der Welt. In diesen zwei Personen war er beglückt und überfordert von der Geste einer Frau, die für ihn auch zwei Personen war: fremde Russin und besorgte Mutter mit der Frage: HAST DU EIN TASCHENTUCH.

Ich habe, seitdem ich diese Geschichte kenne, auch eine Frage: Ist HAST DU EIN TASCHENTUCH überall gültig und im Schneeglanz zwischen Frieren und Tauen über die halbe Welt gespannt. Geht sie zwischen Bergen und Steppen über alle Grenzen, bis hinein in ein riesiges mit Straf- und Arbeitslagern übersätes Imperium. Ist die Frage HAST DU EIN TASCHENTUCH nicht einmal mit Hammer und Sichel, nicht einmal im Stalinismus der Umerziehung durch die vielen Lager totzukriegen?

Obwoh ich seit Jahrzehnten rumänisch spreche, fiel mir im Gespräch mit Oskar Pastior zum ersten mal auf: Taschentuch heißt auf Rumänisch BATISTA. Wieder mal das sinnliche Rumänisch, das seine Wörter zwingend einfach ins Herz der Dinge jagt. Das Material macht keinen Umweg, bezeichnet sich als fertiges Taschentuch, als BATISTA. Als wäre jedes Taschentuch jederzeit und überall aus Batist.

Oskar Pastior hat das Taschentuch als Reliquie von einer Doppelmutter mit einem Doppelsohn im Koffer aufbewahrt. Und dann nach fünf Lagerjahren mit nach Hause genommen. Warum - sein weißes Taschentuch aus Batist war Hoffnung und Angst. Wenn man Hoffnung und Angst aus der Hand gibt, stirbt man.

Nach dem Gespräch über das weiße Taschentuch klebte ich Oskar Pastior die halbe Nacht eine Collage auf eine weiße Karte:

Hier tanzen Punkte sagt Bea
kommst in ein langstieliges Glas Milch
Wäsche in Weiß graugrüne Zinkwanne
bei Nachnahme entsprechen sich
fast alle Materialien
schau her
ich bin die Zugfahrt und
die Kirsche in der Seifenschale
sprich nie mit fremden Männern und
über die Zentrale
 樓主| 發表於 2009-12-10 21:07:59 | 顯示全部樓層
Als ich die Woche darauf zu ihm kam, ihm die Collage schenken wollte, sagte er: Da mußt du noch draufkleben FÜR OSKAR. Ich sagte: Was ich dir gebe, das gehört dir. Du weißt es doch. Er sagte: Du mußt es draufkleben, die Karte weiß es vielleicht nicht. Ich nahm sie wieder mit nach Hause und klebte drauf: Für Oskar. Und schenkte sie ihm die nächste Woche wieder, als wäre ich das erste Mal vom Tor ohne Taschentuch zurückgegangen und jetzt zum zweiten Mal am Tor mit einem Taschentuch.

Mit einem Taschentuch endet auch eine andere Geschichte:

Der Sohn meiner Großeltern hieß Matz. In den 30er Jahren wurde er zur Kaufmannslehre nach Temeswar geschickt, um den Getreidehandel und Kolonialwarenladen der Familie zu übernehmen. An der Schule unterrichteten Lehrer aus dem Deutschen Reich, richtige Nazis. Der Matz war nach der Lehre vielleicht nebenbei auch zum Kaufmann, aber hauptsächlich zum Nazi ausgebildet - Gehirnwäsche nach Plan. Der Matz war nach der Lehre ein glühender Nazi, ein Ausgewechselter. Er bellte antisemitische Parolen, war unerreichbar wie ein Debiler. Mein Großvater hat ihn mehrmals zurechtgewiesen: Er habe sein ganzes Vermögen nur durch Kredite von jüdischen Geschäftsfreunden. Und als das nichts half, hat er ihn mehrmals geohrfeigt. Doch sein Verstand war getilgt. Er spielte den Dorfideologen, drangsalierte Gleichaltrige, die sich vor der Front drückten. Er hatte bei der rumänischen Armee einen Schreibtischposten. Aber aus der Theorie drängte es ihn in die Praxis, er meldete sich freiwillig zur SS, wollte an die Front. Ein paar Monate später kam er nach Hause, um zu heiraten. Von den Verbrechen an der Front belehrt, nutzte er eine gültige Zauberformel, um dem Krieg für ein paar Tage zu entkommen. Diese Zauberformel hieß: Heiratsurlaub.

Meine Großmutter hatte zwei Fotos von ihrem Sohn Matz ganz hinten in einer Schublade, ein Hochzeitsfoto und ein Todesfoto. Auf dem Hochzeitsbild steht eine Braut in Weiß, eine Hand größer als er, dünn und ernst, eine Gipsmadonna. Auf ihrem Kopf ein Wachskranz wie eingeschneites Laub. Neben ihr der Matz in der Naziuniform. Statt ein Bräutigam zu sein, ist er ein Soldat. Ein Heiratssoldat und sein eigener letzter Heimatsoldat. Kaum zurück an der Front, kam das Todesfoto. Darauf ist ein allerletzter, von einer Mine zerfetzter Soldat. Das Todesfoto ist handgroß, ein schwarzer Acker, mittendrauf ein weißes Tuch mit einem grauen Häuflein Mensch. Im Schwarzen liegt das weiße Tuch so klein wie ein Kindertaschentuch, dessen weißes Viereck in der Mitte mit einer bizarren Zeichnung bemalt ist. Für meine Großmutter hatte auch dieses Foto seine Mixtur: auf dem weißen Taschentuch war ein toter Nazi, in ihrem Gedächtnis ein lebender Sohn. Meine Großmutter hatte dieses Doppelbild alle Jahre in ihrem Gebetbuch liegen. Sie betete jeden Tag. Wahrscheinlich waren auch ihre Gebete doppelbödig. Wahrscheinlich folgten sie dem Riß vom geliebten Sohn zum besessenen Nazi und erbaten auch vom Herrgott den Spagat, diesen Sohn zu lieben und dem Nazi zu vergeben.

Mein Großvater war im Ersten Weltkrieg Soldat. Er wußte, wovon er spricht, wenn er in Bezug auf seinen Sohn Matz oft und verbittert sagte: Ja, wenn die Fahnen flattern, rutscht der Verstand in die Trompete. Diese Warnung paßte auch auf die folgende Diktatur, in der ich selber lebte. Täglich sah man den Verstand der kleinen und großen Profiteure in die Trompete rutschen. Ich beschloß, die Trompete nicht zu blasen.

Aber als Kind mußte ich gegen meinen Willen Akkordeon spielen lernen. Denn im Haus stand das rote Akkordeon des toten Soldaten Matz. Die Riemen des Akkordeons waren viel zu lang für mich. Damit sie nicht von der Schulter rutschen, band der Akkordeonlehrer sie mir auf dem Rücken mit einem Taschentuch zusammen.

Kann man sagen, daß gerade die kleinsten Gegenstände, und seien es Trompete, Akkordeon oder Taschentuch, das Disparateste im Leben zusammenbinden. Daß die Gegenstände kreisen und in ihren Abweichungen etwas haben, das den Wiederholungen gehorcht - dem Teufelskreis. Man kann es glauben, aber nicht sagen. Aber was man nicht sagen kann, kann man schreiben. Weil das Schreiben ein stummes Tun ist, eine Arbeit vom Kopf in die Hand. Der Mund wird übergangen. Ich habe in der Diktatur viel geredet, meistens weil ich mich entschlossen hatte, die Trompete nicht zu blasen. Meistens hat das Reden unerträgliche Folgen gehabt. Aber das Schreiben hat im Schweigen begonnen, dort auf der Fabriktreppe, wo ich mit mir selbst mehr ausmachen mußte, als man sagen konnte. Das Geschehen war im Reden nicht mehr zu artikulieren. Höchstens die äußeren Hinzufügungen, aber nicht deren Ausmaß. Dieses konnte ich nur noch stumm im Kopf buchstabieren, im Teufelskreis der Wörter beim Schreiben. Ich reagierte auf die Todesangst mit Lebenshunger. Der war ein Worthunger. Nur der Wortwirbel konnte meinen Zustand fassen. Er buchstabierte, was sich mit dem Mund nicht sagen ließ. Ich lief dem Gelebten im Teufelskreis der Wörter hinterher, bis etwas so auftauchte, wie ich es vorher nicht kannte. Parallel zur Wirklichkeit trat die Pantomime der Wörter in Aktion. Sie respektiert keine realen Dimensionen, schrumpft die Hauptsachen und dehnt die Nebensachen. Der Teufelskreis der Wörter bringt dem Gelebten Hals über Kopf eine Art verwunschene Logik bei. Die Pantomime ist rabiat und bleibt ängstlich, und genauso süchtig wie überdrüssig. Das Thema Diktatur ist von sich aus dabei, weil Selbstverständlichkeit nie mehr wiederkehrt, wenn sie einem fast komplett geraubt worden ist. Das Thema ist implizit da, aber in Besitz nehmen mich die Wörter. Sie locken das Thema hin, wo sie wollen. Nichts mehr stimmt und alles ist wahr.

Als Treppenwitz war ich so einsam wie damals als Kind im Flußtal beim Kühehüten. Ich aß Blätter und Blüten, damit ich zu ihnen gehöre, denn sie wußten, wie man lebt und ich nicht. Ich redete sie mit ihren Namen an. Der Name Milchdistel sollte wirklich die stachelige Pflanze mit der Milch in den Stielen sein. Aber auf den Namen Milchdistel hörte die Pflanze nicht. Ich versuchte es mit erfundenen Namen: STACHELRIPPE, NADELHALS, in denen weder Milch noch Distel vorkam. Im Betrug aller falschen Namen vor der richtigen Pflanze tat sich die Lücke ins Leere auf. Die Blamage, mit mir allein laut zu reden und nicht mit der Pflanze. Aber die Blamage tat mir gut. Ich hütete Kühe und der Wortklang behütete mich. Ich spürte:

Jedes Wort im Gesicht
weiß etwas vom Teufelskreis
und sagt es nicht

Der Wortklang weiß, daß er betrügen muß, weil die Gegenstände mit ihrem Material betrügen, die Gefühle mit ihren Gesten. An der Schnittstelle, wo der Betrug der Materialien und der Gesten zusammenkommen, nistet sich der Wortklang mit seiner erfundenen Wahrheit ein. Beim Schreiben kann von Vertrauen keine Rede sein, eher von der Redlichkeit des Betrugs.

Damals in der Fabrik, als ich ein Treppenwitz und das Taschentuch mein Büro war, habe ich im Lexikon auch das schöne Wort TREPPENZINS gefunden. Es bedeutet in Stufen ansteigende Zinssätze einer Anleihe. Die ansteigenden Zinssätze sind für den Einen Kosten, für den Anderen Einnahmen. Beim Schreiben werden sie beides, je mehr ich mich im Text vertiefe. Je mehr das Geschriebene mich ausraubt, desto mehr zeigt es dem Gelebten, was es im Erleben nicht gab. Nur die Wörter entdecken es, weil sie es vorher nicht wußten. Wo sie das Gelebte überraschen, spiegeln sie es am besten. Sie werden so zwingend, daß sich das Gelebte an sie klammern muß, damit es nicht zerfällt.

Mir scheint, die Gegenstände kennen ihr Material nicht, die Gesten kennen nicht ihre Gefühle und die Wörter nicht den Mund, der spricht. Aber um uns der eigenen Existenz zu versichern, brauchen wir die Gegenstände, die Gesten und die Wörter. Je mehr Wörter wir uns nehmen dürfen, desto freier sind wir doch. Wenn uns der Mund verboten wird, suchen wir uns durch Gesten, sogar durch Gegenstände zu behaupten. Sie sind schwerer zu deuten, bleiben eine Zeitlang unverdächtig. So können sie uns helfen, die Erniedrigung in eine Würde umzukrempeln, die eine Zeitlang unverdächtig bleibt.

Kurz vor meiner Emigration aus Rumänien wurde meine Mutter frühmorgens vom Dorfpolizisten abgeholt. Sie war schon am Tor, als ihr einfiel, HAST DU EIN TASCHENTUCH. Sie hatte keines. Obwohl der Polizist ungeduldig war, ging sie noch mal ins Haus zurück und nahm sich ein Taschentuch. Auf der Wache tobte der Polizist. Das Rumänisch meiner Mutter reichte nicht, um sein Geschrei zu verstehen. Dann verließ er das Büro und schloß die Tür von außen ab. Den ganzen Tag saß meine Mutter eingesperrt da. Die ersten Stunden saß sie an seinem Tisch und weinte. Dann ging sie auf und ab und begann mit dem tränennassen Taschentuch den Staub von den Möbeln zu wischen. Dann nahm sie den Wassereimer aus der Ecke und das Handtuch vom Nagel an der Wand und wischte den Boden. Ich war entsetzt, als sie mir das erzählte. Wie kannst Du dem das Büro putzen, fragte ich. Sie sagte, ohne sich zu genieren, ich habe mir Arbeit gesucht, daß die Zeit vergeht. Und das Büro war so dreckig. Gut, daß ich mir eins von den großen Männertaschentüchern mitgenommen hatte.
 樓主| 發表於 2009-12-10 21:08:32 | 顯示全部樓層
Erst jetzt verstand ich, durch zusätzliche, aber freiwillige Erniedrigung verschaffte sie sich Würde in diesem Arrest. In einer Collage habe ich Wörter dafür gesucht:

Ich dachte an die stramme Rose im Herzen
an die nutzlose Seele wie ein Sieb
der Inhaber fragte aber:
wer gewinnt die Oberhand
ich sagte: die Rettung der Haut
er schrie: die Haut ist
nur ein Fleck beleidigter Batist
ohne Verstand

Ich wünsche mir, ich könnte einen Satz sagen, für alle, denen man in Diktaturen alle Tage, bis heute, die Würde nimmt - und sei es ein Satz mit dem Wort Taschentuch. Und sei es die Frage: HABT IHR EIN TASCHENTUCH.

Kann es sein, daß die Frage nach dem Taschentuch seit jeher gar nicht das Taschentuch meint, sondern die akute Einsamkeit des Menschen.


Das Geburtshaus der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller in Nitzkydorf

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發表於 2009-12-11 18:02:43 | 顯示全部樓層

對中國強硬才是王道

諾貝爾文學獎得主慕勒  籲西方應對中國強硬

二○○九年諾貝爾文學獎得主荷塔.慕勒,八日在斯德哥爾摩的瑞典文學院舉行記者會時,呼籲西方國家對中國強硬施壓,並強調中國距離成為民主國家還很遠,西方只能用強硬方式才能幫助中國走向民主。生於羅馬尼亞的慕勒過去批評共產政權不遺餘力,被譽為是羅馬尼亞文學良心。諾貝爾獎頒獎典禮將於十日在斯德哥爾摩舉行。

[ 本文最後由 twtoogo 於 2009-12-11 18:04 編輯 ]

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