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德國失去了一位頂級詩人

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發表於 2008-6-10 14:38:17 | 顯示全部樓層 |閱讀模式
德國之聲中文網  2008年06月10日

德語現代文學界一顆閃亮的恆星隕落。他被人們稱為文學多面手,詩,戲劇,雜文都是他的拿手好戲。6月8日,78歲的彼得‧呂姆克爾夫被癌症奪去了生命。

  本周一,位於漢堡的羅夫特出版社宣布,彼得‧呂姆科爾夫在上個周末上午悄然離去,享年78歲。一年前,這個作家患上了不可治愈的癌症。彼得‧呂姆科爾夫在幾個月前的一次採訪中說,這個病對他來說是一種痛苦的折磨。但是他不害怕投入極樂世界。他說:"死亡對我來說是個有趣的話題,但是對我來說死亡並不是凶神惡煞。"

  文學多面手

  作為一名作家,彼得‧呂姆科爾夫被冠名為敏感的詩人和政治進言人。文學作品涉獵廣泛包括詩歌,雜文和小說。其中最令人嘆為觀止的是他將德語玩之于股掌之間的絕技,靈活跳躍于各種語言形式之中,從思辨的教育引述到不遜的文字遊戲。1993年他獲得了素有"諾貝爾獎風向標"之稱的"畢希納獎"。2004年他出版了最後一部大型作品集《禁忌II》,其中收錄了他1971年到1972年日記中的片斷。2008年出版了名為《天堂鳥的糞便》的詩集。

  通常是政治波動才引發彼得‧呂姆科爾夫的寫作衝動。他曾說:"只要我的政治信仰有一處被顛覆,隨後便會在此處橫生出巨大的漩渦,我從中汲取力量來創作新詩。"這種漩渦包括六十年代末的學生運動以及兩德統一。

  治療替代宣傳

  儘管彼得‧呂姆科爾夫在無數雜文中說明自己不是政治鼓吹者。但是這並不影響他在選舉中為社民黨搖旗吶喊。也不影響他對阿登納戰後時期保守政策的堅決反對。但是他只在雜文中談論政治話題。他一直在心底給詩歌保留了一片特別的淨土,他說:"藝術創作是一種治療,一種心靈的補償。"

  對於呂姆科爾夫來說寫作是個很神奇的過程:"寫作類似于自我複制。這種把自己的影子呈現在自己面前的感覺就像創造了第二個自我。一般大家都是創作了一個理想的自我。" 和現實的自我彼得‧呂姆科爾夫卻做了一輩子的抗爭。他身前備受失眠和恐懼折磨。他曾自稱"易碎的存在體"。

  白話大事

  女作家烏拉‧哈恩說呂姆科爾夫是她的榜樣:"他既從不需要驚天動地的大題目,亦不需要吸引眼球的花哨辭令,但是他卻能講出最好的故事。"德國文化部長貝爾恩德‧諾伊曼說:"德國失去了一名有著大智慧的作家,一名頂級詩人,一名投身政治,筆觸犀利的編年史作家。"

[ 本文最後由 Carl 於 2008-6-10 14:40 編輯 ]

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 樓主| 發表於 2008-6-10 14:39:01 | 顯示全部樓層
Peter Rühmkorf ist tot
Der Verfassungspoet aus Övelgönne

„Schaut nur nicht so bedeppert in diese Grube. / Nur immer rein in die gute Stube. / Paar Schaufeln Erde, und wir haben / ein Jammertal hinter uns zugegraben.“ Das lassen wir uns gesagt sein, das können wir jetzt gebrauchen, dieses Blatt aus dem letzten Gedichtband von Peter Rühmkorf, wir halten es uns vor die Augen. Wir lassen lieber niemanden sehen, wie wir jetzt daherschauen, nachdem die traurige Nachricht eingetroffen ist, mit der man hat rechnen müssen: Peter Rühmkorf ist gestorben.

Er war sehr krank gewesen, hatte die Routinen seines seit Jahrzehnten geordneten Arbeitslebens ändern müssen. Die Spuren der Krankheit hatte man in diesem letzten Buch, „Paradiesvogelschiß“, finden können, natürlich nur in poetischer Verarbeitung und Verwandlung, nicht im Sinne eines Nachlassens der Kräfte, sonst hätte er das Buch nicht herausgehen lassen (siehe auch: Peter Rühmkorfs neuer Gedichtband „Paradiesvogelschiß“). Dass er selbst daran gegangen war, letzte Hand an seine Papiere zu legen, sah man nicht daran, dass er sich ein Lied vom Tod pfiff und mit ihm ein Tänzchen wagte, denn das hatte er ja sein Dichterleben lang getan. Er hatte einen Schnitt gemacht und sich entschieden, in das Buch auch Unvollendetes zu packen.

Angefangenes und Abgelebtes

Wohlgemerkt: in einen Gedichtband. Schon immer hatte er Einblick in seine Werkstatt gewährt, seine Memoirenbücher und Journale sind voll von Angefangenem und Abgelebtem. Es entsprach seinem radikalen Gerechtigkeitssinn, einem instinktiven Vermögen und hohen Anspruch an sich und andere, einem Vermögen seelentief unterhalb allem implizit ausgehandelten, also hintenherum doch kalkulierten Empfinden, dass er sich vor der Kritik die Blöße gab, seine Materiallisten auszulegen - hatte er doch poetische und kritische Produktion von vornherein zusammengeführt und schon als Student in der „Konkret“-Kolumne „Leslie Meiers Lyrik-Schlachthof“ die Hervorbringungen der Kollegen am strengsten handwerklichen Standard gemessen.

1989 ließ er einen Wälzer drucken, der auf siebenhundert Seiten ein einziges Gedicht bot - mit sämtlichen Vorstufen, Sprungbrettern und Falltüren des Schaffensprozesses: „Selbst III/88. Aus der Fassung“. Der Dichter als sein eigener kritischer Editor mag in der deutschen Literaturgeschichte keine neue Figur sein, aber Rühmkorf traktierte sich selbst auf dem Niveau der damals fortgeschrittensten kritischen Editorik eines D. E. Sattler oder Roland Reuß, machte als Dichter ernst mit der von der Wissenschaft gar nicht einzuholenden Idee, alle verworfenen Versionen eines Werkes seien als Teile des Werkes zu betrachten, hätten, obwohl sie doch durchgestrichen zerknüllt wurden, Anteil an der Endgültigkeit des Werkes.

Das Doppelgesicht des Dichters

Dieses Denkmal, das er sich selbst errichtete, zeigt das Doppelgesicht des Dichters Peter Rühmkorf. Die Sehnsucht nach Anschluss und Verknüpfung, ja nach Auflösung und Zertrennung, wo sie das Knüpfen neuer Fäden und das Legen neuer Netze möglich machen soll - das ist der politische Rühmkorf, der Gemeinschaft stiften will. Die Selbstbetrachtung, ja Selbstbespiegelung, die der Gedichttitel ankündigt und das Buch dann durchspielt unter Übertretung aller Schicklichkeitsgrenzen, die von bürgerlichen Offenbarungskulturprodukten wie Brief, Testament und Diavortrag gewahrt werden - das ist der Künstler, der seine unübersetzbaren Eigenarten kultiviert und von der universellen Aussagekraft seiner krakeligen Handschrift überzeugt ist. Vollkommen zu Recht.

Das Eröffnungsgedicht des Bandes „Paradiesvogelschiß“ entfaltet in Balladenform noch einmal Rühmkorfs Poetik der geduldigen Bearbeitung von Urideen, die in der Hingabe ans hingeworfene, vom Himmel gefallene, nirgendwo im Verwertungskreislauf benötigte Detail unabsichtlich ein Ganzes entstehen lässt. Gedichte, das war der Streit, den er mit Benn suchte und nun im Olymp fortsetzen kann, werden, so glaubte er, nicht aus Wörtern, sondern aus Einfällen gemacht. Zwischen dem Programmgedicht am Anfang und den häufig zuerst in dieser Zeitung gedruckten Gedichten am Schluss streute Rühmkorf nun in diesem einen Band Einfälle aus, denen zum Gedicht der letzte Reim, die letzte Drehung noch fehlte. Als könnten diese Setzlinge in der Paradiesvogelschissbaumschule flüstern wie der Birnbaum des Herrn Ribbeck im Havelland und als wollten Sie uns zu verstehen geben: Dichtet ihr doch weiter! Und: Ihr werdet schon sehen, wie weit ihr kommt.

Inbild der Beharrlichkeit

Rühmkorfs Havelland lag an der Elbe, in Hamburg-Övelgönne. Seine Ortsfestigkeit ist Inbild einer Beharrlichkeit, mit der er unter den deutschen Schriftstellern seiner Generation einsam dasteht. 1929 als unehelicher Sohn einer Pfarrerstochter und Lehrerin geboren, erlebte Peter Rühmkorf als Jugendlicher die letzten Kriegstage als ein Reich der Freiheit, das er sozusagen nie verlassen hat. In den für seine Generation typischen Schüben des politischen Engagements bewahrte er sich eine innere Unabhängigkeit, die ihn nie in die Verlegenheiten des Renegatentums geraten ließ. Sein Memoirenband „Die Jahre die ihr kennt“ und seine Tagebücher der Jahre 1971 und 1972 (veröffentlicht als „Tabu II“, 2004) halten seine Gedanken über die Verschlingung von Protest und Gewalt fest. Er treibt die Gesellschaftskritik auf die Spitze, indem er sich im Selbststudium zu der provisorischen Diagnose vorarbeitet, die Engagierten hätten die Natur unterschätzt, die Untrennbarkeit seelischer und körperlicher Prozesse.

Wie nach christlicher Lehre auch die Tiere an den Folgen des Sündenfalls zu tragen haben, so lebt Rühmkorfs Werk aus dem Gefühl, dass die ganze Schöpfung unter der Individuation leidet. Zufällig erscheinende Korrespondenzen verweisen auf einen Sinn, den es wiederherzustellen gilt: Aus einer solchen ontologischen Naturgeschichte hat Rühmkorf den Reim hergeleitet. Es ist für ihn kein Zufall oder wenn doch, dann ein Zufall, dem die gesamte deutsche Literaturgeschichte einen Sinn hat zuschreiben und erarbeiten müssen, dass diese Geschichte mit den Merseburger Zaubersprüchen beginnt: Formeln für die Heilung gebrochener Glieder.

Wir haben unseren Nationaldichter verloren

Rühmkorfs Poetik und Politik sind ein lebendiges Wesen, das sich niemals in sich selbst getrennt hat. Vergemeinschaftung ist das Zauberwort seiner Theorie der Dichtung: Wie die Einfälle sich gewaltlos zum Werk fügen, so sollen sich auch die Bürger in schöner Ungezwungenheit miteinander arrangieren. Dass das Gedicht sich, indem es Gestalt annimmt, eine Verfassung gibt, war für Rühmkorf - darauf kommt alles an - keine Metapher. In seinem Tagebuch der Wendejahre (veröffentlicht als „Tabu I“, 1995) notierte er als böses Omen für den Vereinigungsprozess die schlechten Verkaufszahlen seiner Bücher und insbesondere von „Selbst III/88“. Wir werden es noch merken, dass wir mit diesem Verfassungspoeten unseren Nationaldichter verloren haben.

Vor dem Tod versagt das heilende Wort des Dichters. Nach dem Tod tröstet es. Das Loch für den Sarg als die gute Stube: Aus dem Volksvermögen der Redensarten alimentierte der Dichter sich bis zum Schluss. Wenn er in galgenhumorvoller Voraussicht das zugeschaufelte Grab als das dem Erdboden gleich gemachte Jammertal beschreibt, dann beschwört er im Ton äußerster Lakonie noch einmal den ganzen Reichtum der seelenheilsgeschichtlichen Bilderwelt der christlichen Überlieferung. „Irdisches Vergnügen in g“ hieß vor neunundvierzig Jahren Peter Rühmkorfs erster Gedichtband. Die Parodie des „Irdischen Vergnügens in Gott“ des Hamburger Senators Barthold Heinrich Brockes war Rühmkorfs Stil der Nachfolge.

Schlagen wir die schlanken Bände physikalischer und moralischer Gedichte auf, die Peter Rühmkorf etwa alle zehn Jahre in Reinbek zum Druck gab, und lassen wir uns im traurigen Augenblick vom Dichter erheitern. Wir können doch nicht im Ernst so tun, dass wir von seinem Tod überrascht wären. Schauen wir nicht so bedeppert.


Gedichte entstanden ihm nicht aus Worten, sondern aus Einfällen, 1929 - 2008

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