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20年前一場驚心動魄的東德逃亡

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發表於 2008-10-5 14:04:56 | 顯示全部樓層 |閱讀模式
20年前一場驚心動魄的東德逃亡



1988年10月23日,在捷克斯洛伐克和奧地利的邊界小村,兩個東德青年把他們的老式東德汽車Trabbis停在邊境線上,爬上車頂,剪斷鐵絲網。年青的小伙子跳下水,女孩子還在猶豫著。許多邊境士兵用自動化武器向他們掃射。但是,這對年青男女依然成功到達奧地利彼岸,那裡有人在等待營救他們。那時,在東德曾有傳聞四起,說奧地利把東德逃來的難民送回家鄉。20年後,烏裡希和凱斯婷-陶特宛回憶當年驚心動魄的逃亡情景:

烏裡希和凱斯婷找到的大概是冷戰時期鐵幕當中最薄弱的一個地點,它位於斯洛伐克首都布拉迪斯拉發西北部的小村維索卡。摩拉瓦河流經這裡,是與奧地利的邊界河。把這裡命名為鐵幕未免有些誇張。沿著河流有一條幾百米長的主要干道可以自由通行,當年也是這樣。只有河岸邊的牆上以前是邊界欄,從那裡不遠處就是河水。

彼得-斯澤潘回憶道:"這裡原來是鐵絲網。是邊境,沿著街道的這堵牆。大壩下面以前是耕地。然後又是鐵絲網。"

1988年10月23日的中午,烏裡希和凱斯婷來到這裡,兩個年青的德累斯頓人。他們來自對政府持批評意見的家庭。正如他們自己所說的,跟東德早就決裂了。他們在柏林夏裡特醫學院(Charite)做了理療培訓,但是被拒絕進行醫學深造。而且,幾個月來,來自國安的壓力越來越大,終於他們決定逃亡。他們選擇了小村維索卡,因為這個地方他們以前就知道。

凱斯婷說:"我們知道這座牆,只要跳下去就行。我們也做了鍛煉,練習從樹上跳下來。我們已經做了相應的准備。"

烏裡希開著天藍色的老爺車急速在邊境上剎車。他們爬上了車頂,手中拿著螺栓鉗。一個大幅跳躍,他已經來到河岸,躍入水中。摩拉瓦河在此的寬度為50米,河中央是奧地利的邊界。

烏裡希說:"跳水本來就夠危險的。我已經逃往河邊時,聽到凱斯婷在喊――我不行。我對她說,不行也得行啊。"

凱斯婷也跳下來了。那時,邊境士兵發現了他們。他們馬上就開始對逃亡者射擊,目標首先是烏裡希。

烏裡希說:"我已經到對岸蘆葦叢的時候,他們開始向你射擊了。那時侯你好像已經到了河中央。對,他們在射擊凱斯婷的時候目標更准確了些。"

烏裡希接著說:"突然你的身體一晃,我就知道肯定發生了什麼。"

200多發子彈中的一枚擊中了凱斯婷的背部。受了重傷的她終於來到了奧地利的河岸。烏裡希來自西德的兄弟和夫人在那裡等著營救他們。他們有輛車,盡管他們不知凱斯婷的傷勢到底有多嚴重,但還打算開車400公裡到巴伐利亞。他們擔心奧地利會把兩人送回東德。其實,這個擔心是沒有理由的,但他們事後才知道。於是,一場瘋狂的旅行開始了。

凱斯婷說:"我根本記不起來了。大概是藥物的緣故吧,我吃了很多藥。"

烏裡希說:"你大部分時間都躺在後面哼哼呢,像只小狗。"

在巴德萊辛哈爾(Bad Reichenhall)的邊境上交通堵塞長達6公裡。他們趕快通知了一位親戚,這位親戚打電話給警察,警察協助終於得以快速通行。在醫院裡,醫生診斷凱斯婷在槍林彈雨中被一枚子彈擊中穿透,但沒有生命危險。

23日的晚上,兩位逃亡者已經達到了巴伐利亞。而小村維索卡的調查工作還在緊鑼密鼓地進行著。人民警察來過了,之後捷克斯洛伐克的國安也來了。他們找到了彼得-斯澤潘,因為他是逃亡事件的見證人。他被多次審問,受到高壓。

彼得-斯澤潘說:"其中有一個就衝著我來了。好像是我早就知情,是我幫助他們逃亡。他們問我為什麼不阻攔逃亡者這些愚蠢的問題。"

總算幾個小時後他們放過了斯澤潘。他只看到這些人走向年青的邊境士兵。斯澤潘說:"那些開槍的年青人一直站在那裡直到午夜。他們哭了,等候處理。那個國安的人來了,他只說,你們為什麼沒攔得住那兩個人。啊?我們的邊境很薄弱。要是我就會拿把槍,往腦袋上開兩槍就完事了。這樣的人才應該受到懲罰,這些下命令的人。那些普通士兵其實都是可憐的家伙。"

20年後,烏裡希和凱斯婷第一次講述了他們的逃亡故事。這個發生在1988年一天的故事盡管歷經艱辛、驚心動魄但最終以 大歡喜結局。  

烏裡希說:"我想,如果我們倆中有一個死了,另外一個今天就不會這樣講故事了。那一定會追究是誰的責任。但是對我們個人來說,這個話題結束了。就這樣。"

德國之聲中文網   2008.10.03


Mit der Kugel im Rücken
Die Geschichte einer abenteuerlichen Flucht in den Westen

Vysoká, ein Dorf etwa 30 Kilometer nordwestlich der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Keine 2000 Einwohner: Kirche, Sportplatz, ein paar Läden. Provinz. Ein Ort, nicht bemerkenswert, wäre da nicht der Fluss. Die March, auf Slowakisch Morava. 50 Meter ist sie hier breit, kommt von Norden aus Tschechien, und mündet einige Kilometer südlich in die Donau. Die March ist hier die Grenze zu Österreich, aber das muss man wissen, sehen kann man es nicht. Kein Warnschild. Auf der österreichischen Seite sind nur Wald und Auen. Weit und breit keine Brücke, eine unsichtbare Grenze, denn hüben wie drüben ist heute Schengenland. Doch früher war es mal anders, und Peter Šcepán kann sich noch daran erinnern.

Hier waren Drähte, die Grenze, hier auf der Mauer entlang der Straße. Und da unten am Damm war eine gepflügte Zone, und dann wieder irgend so ein Art Draht, Stacheldraht.

Bis 1989 verlief der Eiserne Vorhang hier, die Grenze zwischen der Tschechoslowakei und der Republik Österreich, zwischen Osten und Westen. Doch die Bezeichnung Eiserner Vorhang war vielleicht etwas übertrieben für die Grenzanlagen hier. Die Hlavna, die frei befahrbare Hauptstraße, geht einige hundert Meter am Fluss entlang, heute wie damals. Nur auf der Mauer zum Ufer hin war früher eben der Grenzzaun. Von da aus waren es nur einige Meter bis zum Wasser. Vielleicht die dünnste Stelle der Tausende Kilometer langen Grenze zwischen zwei Systemen.

Einige Wochen ist es her, dass Ulrich Trautwein den Namen Vysoká auf seinem Anrufbeantworter gehört hatte. Ob er und seine Frau Kerstin darüber sprechen würden, über das, was sie mit diesem slowakischen Dorf verbindet? Vysoká? Er sei wie elektrisiert gewesen, als er diesen Namen wieder hörte. Sehr lange schon hätten er und seine Frau nicht mehr darüber gesprochen, über diesen sonnigen Herbsttag vor 20 Jahren. Der 23. Oktober 1988, der Tag, an dem sie ihr Glück strapazierten, an dem sie in Vysoká über die Grenze nach Westen flohen. Ein Tag, der in seinem Leben quasi schon programmiert gewesen sei, sagt Ulrich Trautwein:

Also auf die Idee gekommen zu fliehen, das war eine ganz kurzfristige Geschichte, weil der Druck immer größer geworden ist. Die Idee das Land zu verlassen, irgendwann mal, für mich stand das schon als Kind fest, dass ich gehen werde.

Dass die beiden nun hier sitzen, als Ehepaar in diesem angenehm warmen Wohnzimmer, in ihrem liebevoll eingerichteten Haus in einem mittelfränkischen Dorf, das ist keineswegs selbstverständlich. Es hätte auch alles anders kommen können, an diesem Sonntag im Jahr 1988.

Ulrich Trautwein war im Juni 25 geworden. Der gebürtige Dresdner lebte in Ostberlin, machte an der Charité eine Ausbildung zum Physiotherapeuten, wie auch die 22-jährige Kerstin Hahn, die ebenfalls aus Dresden kam.

Tja, die Situation war die, dass wir beide Abitur gemacht haben, und beide keinen Studienplatz bekommen haben. Wir wollten beide Medizin studieren. Das hatte hauptsächlich gesellschaftliche Gründe, weil wir eben offensichtlich nicht gut genug in das System eingebunden waren. Und dann haben wir beide Physiotherapie gelernt, haben uns dabei kennengelernt und waren uns relativ schnell klar, dass unsere Zukunft nicht dort liegt.

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 樓主| 發表於 2008-10-5 14:06:38 | 顯示全部樓層
Ulrich war schon seit seiner Jugend in der evangelischen Kirche aktiv, sein Vater aus der SED ausgetreten, wie Kerstins Vater auch. Der hatte ein kleines Baugeschäft, Kleinkapitalismus nannte man das in der DDR abschätzig - keine guten Startchancen für seine Tochter. Schon früh mussten beide erfahren, dass dieser Staat ihnen nicht die Lebenschancen bieten würde, die sie sich erhofften.

Dass man sich immer überlegen musste, was man eigentlich sagt, und dadurch eigentlich in seiner Persönlichkeit und seiner Entwicklung, in seiner geistigen Persönlichkeit eigentlich nie eine Freiheit hatte und man immer in dieser Bahn laufen musste.

Das war gang, ganz extrem stark, das war ganz ausgeprägt, dieses Empfinden, dass die Zukunft verbaut ist.

Beide waren sie im Visier der Staatssicherheit, sagt Ulrich Trautwein. 1988 sei der Druck so groß geworden, dass sie Angst hatten, bald im Gefängnis zu landen.

Wir wollten nach Ungarn fahren in den Urlaub, und wurden also an der Grenze, an der DDR-Grenze zur Tschechei damals rausgezogen. Unser Auto wurde auf den Kopf gestellt. Und nachdem wir also im Auto einen Kompass und ein Fernglas hatten, da wurde uns unterstellt, dass wir da schon fliehen wollten. Wir wurden 20, 22 Stunden von der Staatssicherheit festgehalten die ganze Nacht über. Und wurden mit massivem Psychoterror an die Wand gespielt. Das war wie ein Wunder, dass wir da überhaupt rausgekommen sind. Dass sie uns da noch nicht schon irgendwie hinter Gitter gebracht haben.

Einen Ausreiseantrag zu stellen, diese Möglichkeit kam für sie nicht mehr in Frage. Das hatte Ulrichs Bruder Holger, genannt Holli, gemacht, sechs Jahre früher, erfolgreich. Doch ihre Chancen wären ungewiss - und es hätte gedauert. Die Frage war nun nicht mehr, ob sie fliehen würden, sondern nur noch wann - und vor allem wo.

Wir wussten, dass wir das über die DDR direkt in die Bundesrepublik nicht machen würden, weil der Eiserne Vorhang war einfach zu dicht. Wir hatten zwar zu dem Zeitpunkt über die Staatssicherheit schon das Verbot, das Land zu verlassen. Aber haben es dann einfach probiert und es hat auch funktioniert. Wir sind einfach nach Landkarte die Grenze abgefahren und haben geschaut, wo könnte es denn einen Punkt geben, der eine Chance bietet. Vysoka haben wir dann gesehen und haben dann meinen Bruder, der zu diesem Zeitpunkt schon in der Bundesrepublik war, das mitgeteilt, dass er eben mal nach Österreich fährt und sich das von der österreichischen Seite aus anschaut. Und dann hat er das umgehend gemacht, und hat Bescheid gegeben. Ich weiß es noch wortwörtlich: Wenn überhaupt, dann dort.

Der Ort schien tatsächlich ideal. Man wusste, wo die Grenze genau verlief, nämlich in der Flussmitte. Nur ein Zaun, dahinter Stacheldrahtrollen, kein breiter Grenzstreifen, die Wachtürme zwei-, dreihundert Meter entfernt. Kein Wunder, dass Ulrich und Kerstin nicht die ersten waren, die hier über die Grenze wollten. Auch aus der DDR waren schon einige hierher gekommen, um nach Österreich zu schwimmen. Doch nicht allen ist es gelungen. 14 Jahre zuvor hatte es ein Mann namens Rudolf Erwin Buss versucht - er wurde dabei erschossen. Ein Täter von damals, ein ehemaliger Grenzsoldat, wohnt sogar heute noch im Dorf.

Doch das österreichische Ufer war eben faszinierend nah, und so habe man sich damals leicht täuschen lassen, sagt der Historiker Lubomir Morbacher. Er ist Leiter der Dokumentationsabteilung des Instituts für das nationale Gedächtnis, dem slowakischen Pendant der deutschen Gauck- Behörde. Die Grenzanlagen in Vysoká seien überwindbar gewesen, tatsächlich, aber dafür habe man ein anderes Netz gespannt. Überall im Dorf habe es Helfer der Grenzwache gegeben.

Diese Helfer der Grenzwache waren Freiwillige, die von einem Funktionär ausgewählt worden waren. Es musste sich um zuverlässige, loyale Personen handeln. Sie wurden mit Sachgeschenken belohnt, Bücher zum Beispiel, wenn sie einen Flüchtling aufgegriffen haben. Viele von ihnen waren Jäger, und sie durften in der verbotenen Zone hinter dem Stacheldraht auf die Jagd gegen. Das war natürlich eine Art Eldorado, denn außer der Grenzwache hatte da keiner Zutritt. Einige von ihnen wurden richtige Menschenjäger, die während ihrer ganzen "Karriere" ein paar hundert Flüchtlinge aufgegriffen haben.

Grenzsoldaten und ein Netz von Spitzeln und Agenten- das genügte, um die Allermeisten aufzuhalten, die einen Weg hinüber nach Österreich suchten. Und Fremde fielen auf in diesem Nest.

Praktisch jede Kneipe, jede Kantine, überall waren Agenten. Wenn irgendein DDR-Bürger dort hin kam, ein Ungar oder ein Pole, haben sie das sofort gemeldet. Auch wenn er sich dem Stacheldraht nicht mal genähert hat, wurde er festgenommen. Das war der größte Fehler, den ein DDR-Bürger machen konnte, dass er dort jemanden nach dem Weg gefragt hat. Er brauchte unheimliches Glück, um ihnen nicht ins Netz zu gehen.

Ulrich und Kerstin war es nicht klar, worauf sie sich einlassen würden. Sie brauchten dieses Glück, auch wenn sie den Ort ein wenig kannten und sich vorbereitet hatten auf diesen Tag.

Wir wussten ja ungefähr die Mauer, man musste nach unten springen. Der Holli hatte uns gezeigt, dass das viel Maschendraht ist. Spanische Reiter. Das heißt, wir haben auch ein bisschen Springen und Sport und vom Baum springen geübt. Also, wir haben uns da auch schon vorbereitet. Wir haben normal gefrühstückt, uns lange aufgehalten, und dann haben wir uns auf den Weg gemacht. Genau.

Sonntagmittag, der 23. Oktober. Drüben im Wald warteten Bruder Holger und seine Frau als Fluchthelfer.12 Uhr, der Zeitpunkt war kein Zufall.

Zu DDR-Zeiten war das so, Sonntagmittag um 12 Uhr, da lief nichts mehr. Deshalb habe ich damals gesagt, wir machen das so ganz frech. Punkt 12 waren wir an der Grenze und irgendwie habe ich den richtigen Zeitpunkt verpasst. Vielleicht auch aus Angst anzuhalten, sodass wir eben erst dann 12.20 Uhr, 12.30 Uhr an der Grenze waren. Das war unser großes Glück, weil Punkt 12 direkt an der Stelle, wo wir uns durch den Zaun geschnitten haben, mehrere Grenzsoldaten, bewaffnete Grenzsoldaten, dort irgendwelche Erdarbeiten, oder Baumfällarbeiten oder so was gemacht haben. Also wir wären denen mitten in die Arme reingesprungen.

Sie werden zwar gleich entdeckt, ihr Glück allerdings: Es ist Peter Šcepán, ein 39-Jähriger aus Bratislava, der in diesem Moment vor dem Haus seiner Großeltern stand.

Mir ist es aufgefallen, weil Sonntagmittag war. Das Dorf war menschenleer, wahrscheinlich saßen alle beim Mittagessen. Es war ungewöhnlich, denn Fremde fuhren hier normalerweise nicht herum. Deshalb fiel mir auf, dass er ein paar Mal hin und her gefahren ist. Dann hat er das Auto an die Mauer ran gefahren - eigentlich ist er dagegen geschrammt. Sie sind aufs Dach gesprungen und haben die Drähte durchgezwickt.

Doch Šcepán ist kein Spitzel, kein Agent, er sieht nur zu, schlägt nicht Alarm. Wertvolle Sekunden, die Ulrich und Kerstin nutzen können. Sie stehen jetzt auf dem Dach ihres hellblauen Trabbi, die Bolzenschneider in der Hand.

Auf der Mauer waren mehrere Reihen Stacheldraht, die musste man halt entsprechend schnell durchschneiden auf eine Größe, dass man durchsteigen konnte. Ja, und dann musste man über die Mauer springen. Das war ziemlich tief.

Dann schnell zum Fluss und anfangen zu schwimmen. Also viele Gedanken hat man sich da nicht gemacht. In dem Moment, als das angefangen hat, lief das ab wie ein sportlicher Wettkampf.

Aber ich stand oben und hab gesagt: Ich kann nicht.

Ja, das stimmt. Ich war schneller drüber und ich musste erstmal weit über eine solche Walze, über so eine Stacheldrahtwalze drüber springen. Schon allein der Sprung war schon irgendwie was Gefährliches. Und ich war da schnell drüber und war schon auf dem Weg zum Fluss, als die Kerstin hinter mir rief: Uli, ich kann nicht. Und da hab ich nur zurück geschrien: Du musst.

Jetzt wurden sie bemerkt auch von den Grenzsoldaten. Drei Gruppen von Wehrpflichtigen, die gerade auf Patrouille sind, etwa zwei bis 300 Meter entfernt. Der 20-jährige Daniel Kuník gehörte dazu. In einem Verhör der tschechoslowakischen Staatssicherheit schildert er den Vorgang aus seiner Sicht.

Einer nach dem anderen haben wir "Halt" gerufen. Ich habe auch einen Warnschuss in die Luft abgegeben. Da die Grenzverletzer nicht stehen geblieben sind und in den Fluss sprangen, haben wir alle angefangen auf sie zu schießen. Ich habe 42 Schuss abgegeben. Die restlichen Patrouillenmitglieder haben beide 60 Schuss abgegeben.

Kerstin hatte sich da ein Herz gefasst und war ins Wasser gesprungen. Sie schwimmt jetzt um ihr Leben.

Natürlich hat man das ringsum, diese ganzen Geschosse gehört, wie sie auch rechts und links neben einem im Wasser eingeschlagen sind. Aber trotzdem hat man es eigentlich gar nicht irgendwie realisiert, du bist mit deiner ganzen Kraft und Energie geschwommen. Und auf einmal hat es durch deinen Körper einen Schlag gegeben, da wusste ich, dass irgendetwas passiert ist.

Eine Kugel von weit über 200 trifft sie in den Rücken. Schwer verletzt erreicht sie das österreichische Ufer.

Dann ist der Holli gekommen und hat mich da wirklich rausgezogen. Und da haben sie immer noch geschossen. Das war für mich die Rettung. Und dafür bin dem Holli noch immer sehr dankbar.

Noch kurz zuvor hatte Ulrichs Bruder fotografiert von der österreichischen Seite aus. Die Fotos zeigen die Flucht, wie Ulrich im Wasser ist, später Kerstin. Eines der Fotos, kaum glaublich, zeigt wie die Kugeln neben ihr im Wasser aufschlagen.

Also hier sieht man ganz deutlich den Einschuss. Das war so weit nicht.
 樓主| 發表於 2008-10-5 14:07:40 | 顯示全部樓層
Der Einschüsse sind eindeutig nahe dem österreichischen Ufer, jenseits der Grenze der Tschechoslowakei, die durch die Flussmitte markiert ist. Die Grenzsoldaten streiten das zwar in ihren Aussagen gegenüber der Staatsicherheit später ab, doch die Fotos sprechen eine klare Sprache. Ein Bruch des Völkerrechts. Doch in diesem Moment heißt es für die vier nur: Schnell weg vom Ufer in den rettenden Wald. Dort hat Holger sein Auto abgestellt. Kerstin müsste eigentlich schnellstens ins nächste Krankenhaus. Doch das halten sie für zu gefährlich.

Also, wir hatten damals die Information, dass Österreich Flüchtlinge noch an die DDR wieder ausgeliefert hat. Deshalb stand für uns fest, dass wir in Österreich nicht anhalten, kein Krankenhaus anfahren. Also wir sind mit der verletzten Frau noch komplett durch Österreich durchgefahren und haben sie nur mit Medikamenten abgeschossen, mit Schmerzmitteln.

Eine aberwitzige Fahrt beginnt. Obwohl sie nicht wissen, wie schwer Kerstin verletzt ist, wollen sie nun noch fast 400 Kilometer Richtung Westen fahren. Sie strapazieren ihr Glück fast über alle Maßen.

Ich kann mich da gar nicht mehr so richtig daran erinnern. Vielleicht durch die Medikamente mit ein. Ich hab gut Medikamente genommen.

Also du hast eigentlich die meiste Zeit da hinten gelegen und hast gewimmert. Wie so ein junger Hund.

Fast scheint es, dass sie dieses Glück nun verlassen wird. Sechs Kilometer Rückstau an der Grenze bei Bad Reichenhall, kein Durchkommen - eigentlich.

Mein Bruder hatte vorher bei meinem Onkel angerufen, und hatte zu ihm gesagt, hör zu, wir haben sie, aber die Kerstin ist verletzt und sieh mal zu, dass Du in Deutschland schon irgend was organisieren kannst. Darauf hin haben die sofort alles durch gelassen, haben keine Kontrollen gemacht. Und das war für uns das Glück, dass wir dadurch nicht mehr stehen mussten, sondern wir konnten einfach durchfahren.

Es ist fast Abend, als Kerstin Hahn im Krankenhaus von Bad Reichenhall untersucht wird. Eine Kugel ist am Rücken neben der Wirbelsäule eingedrungen, hat dann die Richtung gewechselt und ist schließlich an der andere Seite wieder am Rücken ausgetreten. Das Rückenmark unverletzt, keine großen Gefäße durchtrennt - hatten sie zuvor unglaubliches Glück, jetzt war es fast ein Wunder. Am nächsten Tag schon kann sie die Klinik verlassen. Da wissen sie bereits, dass ihre Angst von den Österreichern zurückgeschickt zu werden, vollkommen unbegründet war.

Dort haben die österreichischen Beamten uns dann erzählt, dass sie also nie und nimmer solche Flüchtlinge in die DDR ausgeliefert hätten.

Es war nur ein Gerücht gewesen, allerdings mit wahrem Kern, denn: Der Osten Österreich war nach dem 2. Weltkrieg sowjetische Zone. Bis zum Ende der Besatzung 1955 kam es tatsächlich vor, dass Flüchtlinge ausgeliefert wurden. 1988, über 30 Jahre später, war das zwar längst Geschichte, doch wer hätte das in der DDR so einfach überprüfen können ohne aufzufallen?

Am Abend des 23., als Kerstin und Ulrich längst in Bayern waren, waren die Untersuchungen im Grenzort Vysoká noch in vollem Gange. Volkspolizei war da, später Leute der tschechoslowakischen Stasi. Im Visier hatten sie Peter Šcepán, den Augenzeugen.

Sie befragten die Leute hier, also ahnte ich schon, was kommen wird. Da hieß es schon: Der hat sie gesehen.

Mehrmals wurde er verhört, sie setzten ihn unter Druck.

Der eine ging auf mich los. Es schien alles darauf hinaus zu laufen, dass ich ihnen geholfen haben soll, dass ich darüber Bescheid wusste, dass ich ihnen zur Flucht verholfen habe. Warum ich sie nicht aufgehalten habe und so dumme Fragen.

Doch irgendwann, nach vielen Stunden, ließen sie von ihm ab. Er konnte nur noch sehen, wie sie sich den jungen Grenzsoldaten zuwandten.

Die Jungs, die geschossen hatten, haben da verschränkt bis Mitternacht stillgestanden. Sie haben geweint. Was mit ihnen nun werde, fragen sie. Und als dieser Stasimensch kam, meinte er nur: "Warum habt ihr sie nicht aufgehalten? Ja, unsere Grenzer, die sind schwach. Ich würde eine Pistole nehmen, zweimal in den Kopf und das wär's dann." So einen würde ich bestrafen - so welche, die die Befehle gegeben haben. Die normalen Soldaten, das waren arme Kerle.

Ob sie gezielt geschossen haben, diese Soldaten, oder ob sie daneben schießen wollten? Über 200 Schuss, da hätte doch mehr als einer treffen müssen. Es lässt sich nicht sagen, nicht anhand der Untersuchungsakte. Und die Soldaten von damals, alle heute Anfang, Mitte 40 schweigen. Vielleicht haben einige absichtlich daneben geschossen, einer aber eben nicht.

Für mich ist es so, dass ich auch sage, die armen Kerle, die gestanden haben, die da stehen mussten, die tun mir jetzt im Nachhinein eigentlich leid.

20 Jahre später haben Ulrich und Kerstin Trautwein ihre Geschichte nun erstmals erzählt. Es ist eine Geschichte vom Glück, dass sich an diesem Tag im Jahr 1988 so sehr strapazieren ließ.

Ich denke, wenn jemand von uns gestorben wäre, würde der andere heute ganz anders reden. Dann hätte er ein riesengroßes Interesse, dass jemand zur Verantwortung gezogen wird. Aber für uns persönlich ist das Thema einfach erledigt. Für uns.

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ccs19782003 + 1 感謝分享
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GMT+1, 2024-12-22 05:13

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